Navigation und Service

Peilwesen (Seevermessung)

Ziel der Seevermessung ist es, den unter Wasser liegenden, nicht einsehbaren Teil der Erdoberfläche zu erfassen und darzustellen. Die Durchführung dieser Messungen wird auch als "Peilen" bezeichnet. Beim "Peilen" werden:

  • die Wassertiefen gemessen
  • die Positionen bestimmt, an denen die Messungen vorgenommen wurden und
  • die dazugehörige Zeit registriert.

Die Ergebnisse der Seevermessung werden in den vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hergestellten Seekarten und in den von den Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern erstellten Peilplänen kartographisch dargestellt. Peilpläne des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Elbe-Nordsee beinhalten eng begrenzte Vermessungsgebiete. Dabei richten sich Form, Maßstab und Gestaltung der verschiedenen Peilpläne nach der Größe des Vermessungsgebietes und dem Zweck der Vermessung.

Einmal jährlich werden die Bundeswasserstraßen mindestens vermessen. In bestimmten Bereichen, wie dem Hauptfahrwasser der Elbe, wird die Gewässersohle aufgrund ihrer hohen Dynamik jedoch in kürzeren Intervallen von bis zu 2 Wochen gepeilt.

Aufgaben der Seevermessung

Geborgener Stein aus der Fahrrinnenanpassung Geborgener Stein aus der Fahrrinnenanpassung Quelle: WSA Elbe-Nordsee

  • Verkehrssicherung: Insbesondere in der Fahrrinne unterliegt der morphologische Zustand der Gewässersohle dauernden Änderungen durch Einwirkung von natürlichen Einflüssen, wie z.B. Gezeiten, Oberwasser, Strömung. Um die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen, müssen die Wassertiefen im Fahrwasser mit genügender Häufigkeit überprüft und bekannt gegeben werden. Bei der Feststellung von gefährlichen Untiefen ist die Schifffahrt zu warnen. Das nautische Büro, die Verkehrszentrale und die Lotsen erhalten ständig die neuesten Peilpläne.
  • Baggerkontrolle: Sind die vorgegebenen Solltiefen in der Fahrrinne nicht vorhanden, ist ein Baggereinsatz erforderlich. Die Baggerarbeiten werden durch Peilungen begleitet und kontrolliert.
  • Gewässerkunde: Für die Planung und Beurteilung von Ausbaumaßnahmen (Beweissicherung) von Bundeswasserstraßen als auch für die wirtschaftliche Gestaltung der Unterhaltungsmaßnahmen sind gewässerkundliche Peilungen erforderlich. Da die Veränderungen der Wassertiefen innerhalb eines Fahrwassers unter Umständen ganz wesentlich von den Veränderungen der anschließenden Randgebiete und im Bereich des äußeren Reviers auch von den Veränderungen auf den Watten und in den Prielen beeinflusst werden, ist es notwendig, für die gewässerkundlichen Untersuchungen weiträumige Gebiete zu erfassen.
  • Neubau: Auch zur Errichtung von Bauwerken im Gewässer ist eine genaue Aufnahme der Gewässersohle erforderlich.
  • Bauwerkssicherung und Bauwerksplanung: Zur Erhaltung der für die Schifffahrt erforderlichen Wassertiefen sind Strombauwerke in Form von Leitdämmen und Buhnen errichtet worden. Diese Bauwerke liegen ebenso wie die Seezeichen, Messstationen, Pegel u.a. ständig im Angriff von See und Strömung. Daher ist laufend zu prüfen, welche Veränderungen an ihren Unterwasserteilen und in ihrer näheren Umgebung eintreten, um die Funktionstauglichkeit und die Standsicherheit der Bauwerke zu gewährleisten.

Tiefenmessung durch Echolotung

Allen Echolotsystemen liegt das Prinzip der Laufmessung eines Schallsignals zugrunde. Der Sender (Schwinger) des Echolotes strahlt einen Ultraschallimpuls aus. Die Schallwellen werden an der Gewässersohle reflektiert und von dem Schwinger, der auch gleichzeitig als Empfänger dient, wieder empfangen. Die Laufzeit der Schallwellen wird gemessen und bei bekannter Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls durch das Wasser kann die Wassertiefe ermittelt werden. Die Schallgeschwindigkeit ist in erster Linie von Temperatur und Salzgehalt abhängig.

Um bessere Aussagen über den Untergrund und dessen Beschaffenheit machen zu können, werden Echolote eingesetzt, die mit zwei Frequenzen arbeiten (Fahrentholz-Lot: 100 KHz und 15 KHz). Die hohe Echolotfrequenz (100 KHz) reflektiert an Schichten geringerer Dichte als die niedrige Frequenz (15 KHz). Die hohe Frequenz (100 KHz) ergibt also bei nicht eindeutig definiertem Untergrund (z.B. Schlick) wegen Reflexion an der oberen Schicht geringere Tiefen als die niedrige Frequenz (15 KHz). Es ist allerdings nicht möglich mit Hilfe der Echolotmessung einen bestimmten Dichtehorizont nachzuweisen. Der sog. "Nautische Horizont" als schiffbare Tiefe ist nicht eindeutig messbar. Je nach den gegebenen Randbedingungen kommen unterschiedliche Echolotsysteme zum Einsatz.

Messystem Single Beam Messystem Single Beam Quelle: WSA Hamburg

  • Vertikalecholot (Single-Beam-Echolot): Bei der Single-Beam-Echolotung wird der Gewässergrund unter dem Schiff mit einem lotrecht ausgesandten Einzelstrahl abgetastet. Bei der Single-Beam-Lotung werden anhand vorgegebener Profile Linien in Längs- und Querrichtung abgefahren. Der Linienabstand ist je nach Aufgabenstellung so zu wählen, dass ein Peilgebiet mit vertretbarem Aufwand abgearbeitet werden kann.

Messystem Multi Beam Schematische Darstellung eines Multi-Beam-Systems mit Auslegern Quelle: WSA Elbe-Nordsee

  • Fächerecholot/Auslegersysteme (Multi-Beam-Echolot): Hier sendet der Schwinger (fächerartig) mehrere Mess-Strahlen (Beams) gleichzeitig quer zur Bewegungsrichtung des Schiffs aus. Bei der Messfahrt wird ein Streifen abgedeckt, dessen Breite vom Öffnungswinkel und von der Wassertiefe abhängig ist. Um zu streng lotrechten Tiefen zu gelangen, müssen alle Schiffbewegungen erfasst werden. Daher ist ein Bewegungssensor, der die Hub-, Roll- und Stampfbewegungen (Heave, Roll, Pitch) des Schiffes ermittelt, in das Messsystem integriert. Zur Orientierung der Fächerrichtung ist weiterhin ein Kreiselkompass in das System eingebunden. Mit Hilfe der Fächerecholotung erhält man hoch auflösende Geländemodelle.

Fächerecholot Schematische Darstellung eines Fächerecholots Quelle: WSA Elbe-Nordsee

Ortung

Die zur Tiefenmessung zugehörige Positionsbestimmung erfolgt mit dem Satellitensystem  GPS  (Global Positioning System). Die erforderlichen hohen Genauigkeiten können nur mit  PDGPS  (Präzises Differenzielles GPS) erzielt werden. Hierzu wird der  Satellitenpositionierungsdienst (SAPOS) der deutschen Landesvermessung genutzt. SAPOS besteht aus einem Netz von Referenzstationen, die permanent Satellitensignale des Global Positioning Systems auswerten. Es werden Daten bereitgestellt, mit deren Hilfe durch differentielle Methoden Fehlereinflüsse, die auf die GPS-Signale wirken, eliminiert oder modelliert werden können. Als SAPOS-Dienst wird  HEPS  (Hochpräziser Echtzeit Positionierungs-Service) genutzt. Mit SAPOS-HEPS werden Genauigkeiten von 2 cm in der Lage und 5 cm in der Höhe erzielt. Als GPS-Empfänger dient der Trimble 5700.

Systemkomponenten Wedel Systematische Darstellung der Systemkomponenten des Fächerecholots EM 3002 Quelle: WSA Elbe-Nordsee

Bezugshorizont

Die zu einem beliebigen Zeitpunkt gemessenen Tiefen müssen noch auf einen gemeinsamen Horizont bezogen werden. Hier spricht man von Beschickung. Dieser gemeinsame Horizont ist an der deutschen Nordseeküste und den in sie mündenden Flüssen aus nautischer Sicht (Verkehrssicherung) das Seekartennull (SKN). Das SKN ist kein einheitlicher Bezugshorizont, wie das in der Landvermessung übliche Normalhöhennull (NHN). Das SKN entspricht ab dem 01.01.2005 dem Niveau des niedrigst möglichen Gezeitenwasserstandes (Lowest Astronomical Tide, LAT).

Mit diesem SKN ist gewährleistet, dass die für die Schifffahrt verfügbare Wassertiefe nur selten die in der Karte angegebene Tiefe unterschreitet. Bei bautechnischen oder auch bestimmten gewässerkundlichen Messungen wird i.d.R. NHN als Bezugshorizont gewählt.

Auswertung

Die Fächerecholote liefern Rohdaten in Form von Signallaufzeiten, Roll-, Stampfwinkel und Hub des Fahrzeugs, Daten der Ortung, des Kompasses und der Schallgeschwindigkeitsprofile. All diese Daten werden im "Peilbüro" an "Land" mit einem Dateneditor auf Konsistenz und Richtigkeit geprüft und zu beschickten Koordinatentripeln zusammengeführt. Mit der von der BfG entwickelten Software HyDAP, (Hydrografische Datenauswertung und Präsentation) erfolgt die weitere Bearbeitung. Mit HyDAP ist es möglich, eindeutige, wiederholbare Qualitäten, sowie durchgreifende Qualitätsnachweise zu erzeugen. Der Auswerteprozess ist in hohem Maße automatisiert.

An einem Tag werden je nach Wassertiefe und Peilgeschwindigkeit durchschnittlich 30 Millionen Messwerte erzeugt. Diese Datenmenge ist zu plausibilisieren, d.h. es wird nach Fehlern gesucht, die aufgrund des Messrauschens der Schwinger, der Beschaffenheit des Untergrundes oder aufgrund von äußeren Einflüssen (Schraubenwasser, etc.) in den Messwerten enthalten sind. Nach einer intensiven Analyse des Geländes und der Messwertverteilung werden Parameter bestimmt, mit deren Hilfe die Plausibilisierung automatisch erfolgt.

Äußeres Este-Sperrwerk 3D-Darstellung des inneren Sperrwerkbereiches des ä0ußerern Este_Sperrwerks (10-fach überhöht) Quelle: WSA Elbe-Nordsee

Auf der Grundlage der bereinigten Messwerte werden Digitale Geländemodelle (DGM) erzeugt. Geländemodelle stellen eine vereinfachte Form von Geländeoberflächen in digitaler Form dar. Mit der Modellierung geht auch eine erhebliche Datenreduktion einher. Bekannte Verfahren lassen sich grob in 2 Klassen unterteilen:

  • Reguläre DGM (GRID): Bei einem Grid-Modell (Gitter) wird ein regelmäßiges Raster über die Messwerte gelegt. An den Schnittpunkten (Stützpunkten) wird mit Hilfe einer festzulegenden Funktion eine repräsentative Tiefe berechnet.
  • Irreguläre DGM (TIN): Bei einem TIN (Triangulated Irregular Network) werden die Messwerte nach bestimmten Kriterien dreiecksvermascht. Es werden zusammenhängende dreieckige Flächen beschrieben, von denen kein Messwert weiter als die definierte Ober- und Untergrenze abweicht. Bei den Stützpunkten handelt es sich nicht um "künstlich" berechnete Punkte wie beim GRID, sondern um ausgewählte originäre Messwerte.

Bei flächenhaft vorliegenden Daten wird i.d.R. ein GRID berechnet. Die Maschenweite ist abhängig von der Bodenstruktur. Bei Aufnahmen mit dem Vertikallot ist die Berechnung eines TIN sinnvoll. Das Digitale Geländemodell ist die Grundlage für alle Produkte.

Angewandtes Qualitätsmanagement

Die Seevermessung aller Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter im Küstenbereich nutzt das "Angewandte Qualitätsmanagementsystem" (aQua). Durch "aQua" werden einheitliche Standards für alle Abläufe der Gewässervermessung, von der Datenaufnahme über die Auswertung der Daten bis zur Produkterstellung, eingeführt. Durch "aQua" erhält der Kunde die Sicherheit, dass die Produkte der Gewässervermessung mit belegbarer Qualität erzeugt wurden, alle Prozesse der Gewässervermessung werden eindeutig und umfassend beschrieben und die Verantwortungsbereiche klar festgelegt. Das Prinzip einer umfassenden Qualitätssicherung sieht ergänzend zu den Prüfungen in der Produktion eine übergreifende Analyse, Steuerung und Verbesserung der Produzenten- Kunden- Beziehung vor.